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The Kentucky Effect

Beitrag wurde erstellt am Montag, 6. März 2017
Autor: Ray Singca | Events

 

Der Selection Sunday steht an und damit auch die March Madness im amerikanischen College Basketball. Upsets, Cinderella Stories und andere Überraschungen stehen ab Sonntag für drei volle Wochen an der Tagesordnung. Die NCAA bittet zum Tanz und wird zum absoluten Fokus des Basketballsports. Die Vorfreude auf dieses Turnier lässt mich ehrlich gesagt etwas in Erinnerungen schwelgen und bringt mich zurück zu meinem Auslandssemester an der University of Kentucky im Jahr 2011. Diese paar Monate waren nicht nur für meine akademische Laufbahn ein absolutes Highlight, sondern auch für mich als Basketball-Fan ein einmaliges Erlebnis.


Lexington, KY



Mitten im Herzen von Kentucky befindet sich Lexington. Als "Horse Capital of the World", ist diese Stadt vor allem für die Pferdezucht bekannt. Für mehr wirklich nicht. Ein Städtchen mit gerade mal rund 300.000 Einwohnern, welche erst dann richtig auflebt, wenn es um Kentucky Basketball geht. Kaum ein anderer Ort, wo dieser Sport einen solchen Stellenwert hat wie hier. An Spieltagen blüht diese kleine Studenten-Stadt richtig auf und strotzt förmlich vor Energie. The Big Blue Nation, wie die Fan Base der Kentucky Wildcats genannt wird, flutet die Straßen und pilgert regelrecht zur Rupp Arena. Spätestens dann weiß man, it's Gameday! Auf dem Weg zur Heimstätte der Wildcats finden sich haufenweise Bars, Restaurants und andere Lokale. Prall gefüllt mit Fans, selbsternannten Experten und Couch-Coaches, die gespannt das Geschehen auf den Bildschirmen verfolgen. Dann die alles entscheidende Frage: Wird das "Winningest Program in the History of College Basketball" noch einen drauflegen können?

Auch nach dem Spiel reißt die Begeisterung noch lange nicht ab. Bis in die frühen Morgenstunden wird ein Kentucky-Sieg gefeiert, was ab und an auch mal aus den Fugen geraten kann. Doch damit nicht genug. Tage später sind die Spiele noch immer in aller Munde. Egal ob am Uni-Campus, im Supermarkt, in der Mall oder sogar im Barber Shop. Did you see that dunk? How many threes have they made? Why did Coach Cal not take a timeout there? Der typische Smalltalk im Bluegrass.

Die Begeisterung für die Kentucky Wildcats kennt hier einfach keine Grenzen. Wenn Coach John CALIPARI vom Kentucky Effect spricht, ziehen nicht nur seine Spieler mit, sondern auch jedes einzelne Mitglied der Big Blue Nation. Also ja, Pferdezucht hin oder her, aber das absolut Beste an Lexington, KY ist die uneingeschränkte Begeisterung für Kentucky Basketball. Eine Begeisterung, die ansteckend ist und die ganze Stadt in ihren Bann zieht.


Meet & Greet



Wie oben schon beschrieben, ist hier der Support für die Wildcats und die Begeisterung für den Basketball fast grenzenlos. Das wissen auch die Spieler und Betreuer des Teams. So kommen auch ehemalige Wildcats immer wieder an ihre alte Wirkungsstätte zurück und halten Meet & Greets und Autogrammstunden ab. Durch eine dieser Veranstaltungen hatte ich bspw. die Möglichkeit, John WALL zu sehen. Er stand nur wenige Minuten vom Campus für eine Autogrammstunde zur Verfügung. Knappe 90 Minuten blieb der Guard der Washington Wizards, setzte fleißig seine Unterschrift auf die verschiedensten Memorabilias und machte gelegentlich auch das ein oder andere Foto. Ganz meinen Erwartungen, wurde dieses Event leider nicht gerecht. Es war heiß und Mr. WALL schien auch nicht in der besten Laune zu sein. So wurde man da ziemlich schnell durchgewunken und auch nach dem Event, war er relativ bald verschwunden. Am Ende schauten dabei aber immerhin ein paar Autogramme heraus.

Am Campus selbst gab es auch einige Gelegenheiten um Spieler anzutreffen. Auf Demarcus COUSINS traf ich bspw. einige Tage später in einer Bar. Neben ihm trieben sich während meines Auslandssemesters noch zahlreiche weitere Stars in der Stadt herum. Wer sich noch an die NBA Season 2011/12 erinnert, der weiß vielleicht noch, dass diese Spielzeit aufgrund des Lockouts später angefangen hat. Um ehrlich zu sein, war das etwas Pech. Dadurch hatte ich leider keine Möglichkeit, um mein erstes NBA Spiel zu sehen. Glück war es aber trotzdem irgendwo, da nun zahlreiche ehemalige Wildcats den Weg nach Lexington fanden, um mit dem Team zu trainieren. So waren bspw. Eric BLEDSOE, Jodie MEEKS, Tayshaun PRINCE oder Rajon RONDO längere Zeit da und mischten sich sogar bei einigen der Uni-Events unters Volk. Später suchten auch andere Spieler den Weg nach Kentucky, um sich Workouts zu widmen. So z.B. LeBron JAMES oder Kevin DURANT, der gleich die Hälfte der OKC Thunder mitgenommen hatte. Aber zugegeben, Zeitungen schrieben darüber, mein Facebook-Feed war voll davon und Studienkollegen trafen sie an. Nur ich hatte irgendwie nicht das Glück denen über den Weg zu rennen.

Öfter antreffen konnte man aber Mitglieder des aktuellen Teams der Wildcats. Egal ob Marquis TEAGUE bei Pick-Up Games am Freiplatz, Anthony DAVIS in Vorlesungen, Michael KIDD-GILCHRIST früh morgens auf dem Weg ins Training oder Kyle WILTJER einfach nur beim Essen in einem der Diners. Das Basketball-Team war eigentlich immer wieder mal anzutreffen. Nun ja, trotz des Hype, sei es nun um einen individuell oder um das Team, waren die Spieler in erster Linie auch Studenten, die man eben auch bei den gewöhnlichen Studenten-Events antreffen konnte.


Big Blue Madness



Bevor es richtig in die Saison ging, fand im Vorfeld die Big Blue Madness statt! Eine Veranstaltung, auf die alle Fans der Wildcats wochenlang warten und die sogar im TV übertragen wird. Und das nicht nur im lokalen Fernsehen, sondern auch Sportriesen wie ESPN berichten von diesem Event. Klingt nach einer Riesensache? Ist es auch, aber aufgepasst. Dabei handelt es sich übertrieben ausgedrückt, tatsächlich einfach nur um die erste öffentliche Trainingssession! Also quasi die erste Möglichkeit, bei der die Öffentlichkeit das neue Team zu sehen bekommt und das weiß man zu feiern.

Denn bereits Wochen vor der Big Blue Madness, ist der Ansturm auf diese Veranstaltung riesig und die Tickets dementsprechend begehrt. So begehrt, dass man dafür sogar bereits zwei Tage vor dem offiziellen Ticketverkauf auf der Wiese vor dem Box Office seine Zelte (ja, Zelte!) aufschlägt, nur um eine der Freikarten zu ergattern. Und nein, die Rede ist nicht von zwei oder drei Zelten. Es geht dabei tatsächlich um mehrere hundert, die rund um das Box Office aufgestellt werden. Für die aktuelle Saison zählte man da tatsächlich 375! An dieser Stelle nochmal, hatte ich schon erwähnt, dass Lexington verrückt nach Kentucky Basketball ist? Und auch bereits der Big Blue Campout wurde genutzt, um ihn zu einem besonderen Ereignis für die Camper zu machen. Spieler und Staff der Wildcats traten abends regelmäßig vor die Fans, verteilten Pizza, machten Fotos und ließen sich mit einigen sogar auf Pick-Up Games ein.

Für Studenten wie mich, war das ganze nicht viel einfacher, aber zumindest konnte ich mir das Campen sparen. Stattdessen nahm ich "einfach" an der Big Blue Madness Student Ticket Lottery teil. Dabei werden ca. 1.000 Karten vergeben. Dafür muss man sich einfach zur Lottery am Memorial Coliseum einfinden. Dort zieht man dann eine Nummer und es wird ausgelost, wer von den anwesenden Studenten zur großen Show darf. Das lange Warten bei der Lotterie hat sich am Ende dann aber bezahlt gemacht und ich konnte tatsächlich ein Ticket dafür ergattern.

Und das hat sich ausgezahlt. Das "öffentliche Training" wurde zu einem großen Basketball-Event. Player Introductions, Hype Videos, Showeinlagen und Celebrities ergänzten zusätzlich das basketballerische Programm bestehend aus Practice Drills und dem Scrimmage. Die Hauptattraktion war aber natürlich letzteres, wo man zum ersten Mal die neuen Recruits in Aktion erleben konnte. Ein kleiner Einblick zur Big Blue Madness liefert vielleicht das folgende Video:



Games



Bis es zum ersten Saisonspiel kam, vergingen mehrere Wochen. Meinen ersten Vorgeschmack auf Kentucky Basketball bekam ich aber bereits zwei Tage nach meiner Ankunft in Lexington. Ehemalige Wildcats wie die zuvor genannten BLEDSOE, COUSINS, MEEKS, PRINCE, RONDO oder WALL luden zum Freundschaftsspiel gegen die Nationalmannschaft der Dominikanischen Republik ein, die mit Al HORFORD oder Charlie VILLANUEVA ebenfalls Spieler aus der NBA in ihren Reihen hatten. Die Stimmung war von Anfang an unglaublich. Eine ausverkaufte Halle im lautstarken Fans. Es war ein Freundschaftsspiel wohlgemerkt und für mich der erste Einblick in die Basketball-Verrücktheit dieser Stadt!

Als nach der Big Blue Madness die Saison endlich startete, konnte man das volle Ausmaß der Begeisterung und des Supports eigentlich erst erkennen. Egal, ob es sich um ein Spiel gegen ein ranked oder unranked Team handelte, die Rupp Arena war immer ausverkauft. Die Stimmung war einfach unbeschreiblich. Auch bei deutlichen Siegen, war das Publikum bis zur letzten Sekunde voll da. Vor allem die Student Section, die sogenannte eRUPPtion Zone, sorgte stets für eine unglaubliche Atmosphäre.

Der absolute Höhenpunkt war für mich mit der Partie zwischen Kentucky und North Carolina erreicht. Dabei trafen die beiden besten College-Teams der Saison aufeinander. Bereits im Vorfeld waren sich die Experten weitgehend uneinig darüber, wer denn nun die Nummer 1 sein soll. Diese Begegnung sollte es klären und sie enttäuschte nicht. Die Arena war bis auf den letzten Platz gefüllt und die Stimmung kaum mit etwas anderem vergleichbar. Dazu eine wahnsinnig gute Partie von beiden Teams, die in den letzten Sekunden mit dem Game Winning Block von DAVIS einfach auch ihr dramatisches Ende verdiente. Unterm Strich das wahrscheinlich beste Spiel, das ich jemals live sehen konnte und dadurch auch berechtigterweise in meinen Top 5.


Tickets



Ehrlich gesagt, ist es gar nicht so einfach, um an Tickets für Kentucky-Spiele zu kommen. Auf dem Reseller Market oder anderen Plattformen, werden diese oft überteuert weiterverkauft. Karten für die Big Blue Madness gehen bei eBay & Co. für mehr als USD 100,- über die Theke. Das scheint sich im ersten Moment im Rahmen zu halten. Zu bedenken ist hier aber, dass es dabei um Freikarten geht! Tickets für das Spiel gegen North Carolina wurden teilweise für über USD 1000,- weiterverkauft. Kann man also nicht direkt vom Box Office kaufen, kann ein Besuch in der Rupp Arena sehr teuer werden.

Für Studenten der University of Kentucky ist das doch wesentlich günstiger. Lediglich USD 5,- kostet ein Student Ticket. Für die meisten Regular Season Games, gab das Box Office einige Termine bekannt, an denen der Ticketverkauf für mehrere Spiele eröffnet wurde. Im Normalfall war es nicht so schwierig, um an Tickets zu kommen und auch gute Plätze im Lower Level oder Karten für die eRUPPtion Zone (Achtung: Stehplätze) waren eigentlich immer drinnen. Eventuell hat man mal früh morgens eine Stunde vor der Vorverkaufsstelle warten müssen, was wirklich nicht so schlimm war, da man da normalerweise nicht alleine auftauchte sondern gleich mit anderen Studienkollegen, was unter Umständen sogar recht lustig werden konnte. Im schlimmsten Fall, wie bei der Partie gegen UNC, kam es aber wie bei der BBM zur Student Ticket Lottery. Klar, für so ein großes Spiel ist der Ansturm natürlich riesig und man wollte allen Studierenden die selben Möglichkeiten geben. Wird man dabei gezogen, können aber gleich bis zu fünf Karten gekauft werden, wodurch ich über einen Kollegen auch an mein Ticket gekommen bin.


University & Campus



Hier noch kurz zum Uni-Leben in Lexington. Die University of Kentucky bietet eine Menge an Kursen aus verschiedenen Studienrichtungen an. Viele, die bei uns wahrscheinlich nicht mal angeboten werden. Als Wirtschaftsstudent, durfte ich mir Kurse am Gatton College of Business and Economics aussuchen. Meine erste Wahl fiel dabei auf Sports Marketing. Meine Erwartungen an den Kurs wurden auf keinen Fall enttäuscht. Vor allem den starken Praxisbezug empfand ich als besonders wertvoll. Im Rahmen der Vorlesung konnten wir Projekte mit National Guard und AAA abwickeln. In Kleingruppen entwickelten wird dabei Marketingkampagnen und stellten diese vor. Das Konzept meiner Gruppe wurde von AAA sogar ausgewählt und realisiert. Insgesamt ein sehr lehrreicher Kurs, von dem ich einiges mitnehmen konnte. Neben Sports Marketing belegte ich eine Reihe anderer Business Courses. In erster Linie aber um meine Credit Points zu bekommen. Kurios ganz sicher der Kurs "Competitive Basketball". Darin spielt man tatsächlich einfach Basketball. Und das zwei Mal pro Woche. Und ja, eine schriftliche Prüfung gab es auch . Im Allgemeinen muss ich sagen, dass die Tests leichter waren als sie es vergleichsweise an der WU waren. Der Prüfungsstoff beschränkte sich pro Vorlesung eigentlich immer nur auf einige wenige Kapitel. Dafür hat man im Laufe des Semesters aber halt eben mehrere. Dazu kommen in einigen Kursen noch Assignments, die vom Workload her auch ganz gut schaffbar sind. Akademisch also halb so wild.

Generell hat der Campus echt vieles an Aktivitäten zu bieten. Die Uni selbst, veranstaltet eine Vielzahl von Events, an denen man ganz ungezwungen teilnehmen kann und zumindest immer mit etwas Essen und einem T-Shirt wieder heimgeht. Sportbegeisterte werden hier aber besonders viel Freude haben. Im Johnson Center bzw. Lancaster Aquatic Center kann man jegliche Sportarten ausüben. Besonders abends kann ich ersteres weiterempfehlen. Auf vier Courts werden da Pick-Up Games bis in die späten Abendstunden ausgetragen. Die Nutzung der Sporteinrichtungen ist für Studenten kostenfrei. Des Weiteren organisiert die Abteilung für "Campus Recreation and Wellness" immer wieder Wanderungen, Rafting-Ausflüge und andere Trips. Interessant für diejenigen die gerne ein paar Stunden aus Lexington raus wollen.

Das Nachtleben kommt hier natürlich auch nicht zu kurz. Die Anzahl an Bars und Clubs ist zugegebenermaßen zwar sehr überschaubar, dennoch sollte hier für jeden etwas zu finden sein. Vor allem Fans von Country Music bzw. Live Bands kommen hier auf ihre Kosten.

Interessant für diejenigen, die gerne Road Trips machen, ist vor allem die Lage von Lexington. In einigen Autostunden kommt man mit einem Mietwagen relativ zügig in größere Städte wie Chicago, Indianapolis oder Nashville. Auf jeden Fall sehr empfehlenswert. Denn auch wenn das Semester schnell vorbeigeht, kann es in Lexington auf die Dauer etwas langweilig werden, da die Stadt doch sehr klein ist.

Ein Auslandssemester würde ich auf jeden Fall jedem empfehlen, dem die Möglichkeit dafür geboten wird. Ich bin der Meinung, dass erst das Auslandssemester mein Studium so richtig vollständig gemacht hat. Die Erfahrungen die man dabei sammelt waren für mich nicht nur akademisch, sondern auch persönlich von großer Bedeutung und würde diese auf keinen Fall vermissen wollen. Die WU Wien bietet über das Zentrum für Auslandsstudien verschiedene Studienmöglichkeiten an Partneruniversitäten im Ausland an. Sollte das Auslandssemester ebenfalls in die USA gehen, würde ich auf jeden Fall einen Ort wie Lexington empfehlen. Ich weiß, Orte wie Chicago, New York, Miami oder bspw. Los Angeles sind auf den ersten Blick reizvoller. Diese Destinationen laden aber schnell mal auf irgendwelchen Urlaubsplänen. Wer "Real America" kennenlernen will, dem würde ich tatsächlich eine dieser kleineren Städte inmitten der USA empfehlen.


Impressionen

Ray Singca

Co-Founder, Vereinsobmann und Guard bei den Vienna Paladins.

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Wiener Liga

Team W L P
       
UKJ Rockets/2 5 0 10
Vienna Paladins 4 1 9
Vienna United/3 3 2 8
Vienna Timberwolves/3 2 3 7
UKJ Rockets/3 1 4 6
BC DSG Gumpendorf/2 0 5 5

ASKÖ Cup

Team W L P
       
Vienna Paladins 4 0 8
WAT22 Oldies 3 2 8
EuroFighters 3 0 6
Phalanx 2 1 5
Lok Praterstern 1 3 5
Vienna Spartans 0 4 4
Ararat 1 2 4