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Sportdirektor beim Deutschen Basketball Bund
Beitrag wurde erstellt am Montag, 12. Oktober 2020
Autor: Felix Leuer | Management
Mein Name ist Felix LEUER und ich bin seit dem 1. Oktober 2019 Sportdirektor des Deutschen Basketball Bundes. In der Funktion bin ich verantwortlich für die Nationalmannschaften Deutschlands, beginnend ab den U-16 Mannschaften im 5 gegen 5 bis hin zu den Damen im 3X3.
Am Basketball begeistert mich insbesondere die Schnelligkeit des Spiels und die Tatsache, dass man auch bei einem vermeintlich großen Rückstand/Vorsprung in kürzester Zeit wieder ein enges Spiel haben kann, wenn sich das "Momentum" ändert. Vor allem im 3X3 ist dies noch auffälliger, da das Spiel dort insgesamt noch schneller ist und sich niemand "verstecken" kann. Und ich war nie der Einzelspieler; ich habe immer Mannschaftssportarten gemocht.
Bereits in meiner Kindheit hat der Sport eine große Rolle gespielt und einen wesentlichen Teil meines Alltags bestimmt und ich probierte in meinem Heimatdorf jeden Sport aus, der angeboten wurde. Da mein Talent bedauerlicherweise nicht ausreichte, meinen Lebensunterhalt mit der aktiven Ausübung einer sportlichen Tätigkeit verdienen zu können, habe ich im Jahr 2003 das Studium der Rechtswissenschaften aufgenommen.
Das Jurastudium war für mich in erster Linie Mittel zum Zweck, um mir mit einer umfassenden Grundausbildung die Möglichkeit offen zu halten, in verschiedensten Bereichen tätig werden zu können. Mein großes Ziel während meines Studiums war es weiterhin, einen Beruf zu wählen, der den Sport beinhaltet. Nach Abschluss meiner Ausbildung habe ich mit kurzer Unterbrechung knapp acht Jahre als Rechtsanwalt in Düsseldorf gearbeitet. Meine Arbeitsschwerpunkte lagen in der Vertragsgestaltung in deutscher und englischer Sprache.
Bildquelle: rtl.de (2019)
Um jedoch mein Ziel erreichen zu können, habe ich mich im Jahr 2016 für den ersten akkreditierten Weiterbildungsmaster LL.M. Sportrecht der Uni Gießen/SpoHo Köln beworben. Von Oktober 2016 bis März 2019 habe ich dort im Rahmen dieses, ebenfalls berufsbegleitenden Studiengangs, etliche Erfahrungen im Sportrecht gesammelt. Parallel zu dem Studiengang begann ich damit, in der Kanzlei sportrechtliche Themen und Mandate zu bearbeiten. Unter anderem betreute ich eine Agentur, die sich unter Wahrung eines ganzheitlichen Konzepts auf die Vermittlung und Vermarktung von afrikanischen Fußballtalenten spezialisiert hat.
Durch den sehr praxisorientierten LL.M. Studiengang, erwarb ich weitere Einblicke in den professionalisierten Sport, die ich durch den MBA Studiengang Sportmanagement weiter vertiefen möchte. Im Oktober 2019 schaffte ich dann als Sportdirektor des Deutschen Basketball Bund e.V. endlich den vollständigen beruflichen Sprung in den aktiven Sport.
Der Kontrast zu meinem alten Beruf als Rechtsanwalt ist doch recht groß: Galt es für mich in der Vergangenheit in erster Linie, die Interessen des Mandanten zu verfolgen und diesem alles andere unterzuordnen, gilt es im Verband, verschiedenste Interessen zu beachten, abzuwägen und danach Entscheidungen zu treffen. Es gilt also, auf viel mehr Beteiligte Rücksicht zu nehmen. Parallelen gibt es hingegen, wenn es um die Bearbeitung von behördlichen Schreiben geht. Wir haben sehr viele Berührungspunkte mit DOSB, BMI, BVA, etc. Dort hilft es auf jeden Fall, einen juristischen Background zu haben, um die "Fachtermini" einordnen zu können.
Bildquelle: basketball-bund.de (2020)
Die Kommunikation mit vorgenannten Institutionen und Mitgliedern des DBB, den Bundes- und Landestrainern aber auch mit Spielerinnen und Spielern bestimmt mein Daily Business. Zusammen mit meinen Mitarbeitern kümmern wir uns zudem um die Organisation von Lehrgängen unserer Nationalmannschaften. Da durch COVID-19 in diesem Jahr sämtliche Endmaßnahmen ausgefallen sind, wurde unser Sommer hierdurch ebenfalls stark geprägt. Im Normalfall findet in jeder Jugendmannschaft U-16, U-18 und U-20 sowohl im männlichen als auch weiblichen Bereich eine Jugend-Europameisterschaft statt, auf die es intensive Vorbereitungsmaßnahmen gibt. In diesem Jahr gab es solche eben nicht. Dennoch haben wir versucht, auch in diesem Sommer zumindest jedem Kaderspieler und jeder Kaderspielerin einen Lehrgang bieten zu können, um gerade als Spitzenverband vorne weg zu gehen und zu zeigen, dass es trotz der sehr speziellen Zeit weiter geht.
Besonderen Fokus lege ich derzeit auf die strukturelle Weiterentwicklung des 3X3 Bereichs. Ich bin mir sicher, dass diese Disziplin noch sehr viel Potenzial hat, dass sich spätestens nach dem ersten Auftritt dieser Disziplin bei den Olympischen Spielen zeigen wird.
Die Entwicklung der deutschen Liga beobachte ich mit großer Freude. Die Liga entwickelt sich aus meiner Sicht sehr gut und hat sich als Top-Produkt in Deutschland etabliert. Auch die "Bubble" in München habe ich verfolgt. Hier hätte ich mir aber mehr Medienpräsenz gewünscht.
Bildquelle: nba.com (2019)
Absolut phantastisch ist die Tatsache, dass wir in diesem Jahr gleich 3 Spielerinnen hatten, die in die WNBA gedraftet wurden, so dass wir dort ab der kommenden Saison 4 Spielerinnen haben werden.
Natürlich verfolge ich auch und gerade unsere Nationalspieler, die im Ausland spielen. Besonders erfreulich ist es zu sehen, was für tragende Rollen unsere Jungs in der NBA mittlerweile bei ihren Vereinen einnehmen und gerade unsere jungen Spieler in Washington werden weiter dazulernen und sich stark verbessern. Auch in Europa haben wir in vielen starken Ligen und Vereinen der EuroLeague etliche Spieler, die es zu beobachten gibt. Absolut phantastisch ist die Tatsache, dass wir in diesem Jahr gleich 3 Spielerinnen hatten, die in die WNBA gedraftet wurden, so dass wir dort ab der kommenden Saison 4 Spielerinnen haben werden. Die dadurch gewonnene Medienpräsenz und Aufmerksamkeit gilt es unbedingt zu nutzen, um den deutschen Damen Basketball weiter nach vorne zu bringen. Die Entwicklung stellt nur die logische Konsequenz aus der Goldmedaille bei der U-18 Europameisterschaft in 2018 dar. Gerade im Jugendbereich hat unser Bundestrainer Stefan MIENACK seit Jahren eine exzellente Arbeit geleistet, die, davon bin ich überzeugt, auch bei den A-Damen früher oder später Früchte tragen wird. Die Damen Bundesliga in Deutschland hat hingegen noch großes Entwicklungspotenzial aber ich bin guter Hoffnung, dass über die deutschen Spielerinnen als "Local-Heros" auch mehr Interesse und Begeisterung für den Damen Basketball geweckt werden wird.
Gerade auch in der Disziplin 3X3 besteht für die Damen die große Möglichkeit, das Potenzial dieser aufstrebenden Sportart/Disziplin auszuschöpfen. Wie ich bereits sagte, erwarte ich persönlich von dieser Disziplin sehr viel und bin persönlich schwer begeistert. Sowohl für den Zuschauer als auch den aktiven Sportler bringt die Disziplin einen großen Mehrwert mit sich. Ähnlich wie Beach-Volleyball zum Hallen Volleyball ist 3X3 die ideale Ergänzung des Basketball-Portfolios und wird mit seinem Event Charakter und der Möglichkeit, diese Sportart an prominenten Stellen in Städten auszuüben, Fans für den Basketball gewinnen. Durch die europaweit ausgetragenen Turniere wird diese Begeisterung den gesamten DACH-Raum betreffen. Ich würde mir daher sehr wünschen, dass der Basketball über 3X3 noch verstärkter Einzug in die Städte erfährt und die Städte in diesem Zusammenhang bei der Errichtung von Freiplätzen weiter aufrüsten.
Bildquelle: spiegel.de (2020)
Insgesamt stimmt mich die Entwicklung des deutschen Basketball sehr positiv. Auch wenn wir bei den Herren zuletzt bei der Weltmeisterschaft in China im Jahr 2019 die Erwartungen, die die Öffentlichkeit aber auch wir selbst an uns gestellt hatten, leider nicht erfüllen konnten, so lassen wir uns hiervon nicht unterkriegen. Ich sehe gute Chancen, dass wir uns für die Olympischen Spiele in Japan qualifizieren werden, obwohl wir auch schwere Gegner haben und es eben nur den einen Platz zu vergeben gibt. Langfristig sehe ich ebenfalls einen sehr positiven Entwicklungstrend: Denn sowohl im Damen- als auch im Herrenbereich spielen wir mit einer relativ jungen Mannschaft und es gibt zahlreiche Talente, auf die wir zurückgreifen können und die nach und nach weiterentwickelt und in die Mannschaften integriert werden. Drei Spielerinnen in der WNBA und fünf Spieler in der NBA sprechen für sich und die starke Entwicklung des Basketballs in Deutschland. Gerade die BBL hat einen großen Beitrag hierzu geleistet und sich über die letzten Jahre qualitativ stets gesteigert. Sämtliche Vereine arbeiten hochprofessionell und ich hoffe sehr, dass die Vereine die durch COVID-19 bedingte Krise schadlos überstehen können und die Entwicklung somit weiter fortgesetzt werden kann.
Auch in der DBBL nehme ich durch den neuen Geschäftsführer, mit dem ich eng zusammenarbeite, eine sehr positive Stimmung wahr. Auch hier hoffe ich, dass eine Professionalisierung der Liga erfolgen wird. Hierzu gehört für mich insbesondere auch, dass von der Liga und den Vereinen in der Öffentlichkeit mehr Interesse für den Damenbasketball generiert wird. Als Verantwortlicher für die Nationalmannschaften erwarte ich zudem, dass die Vereine verstärkt auf deutsche Spielerinnen und Talente setzen werden und so die Entwicklung dieser Talente vorantreiben.
Bildquelle: basketball-bund.de (2020)
Als persönliches Highlight im ersten Jahr als Sportdirektor stelle ich die Teilnahme an den Länderspielen der Damen und der Herren heraus. Live dabei zu sein, wenn die Bundestrainer ihre Kabinenansprachen halten und den Mannschaftsgeist hautnah mitzuerleben hat mich sehr begeistert. Auch die Teilnahme am Bundesjugendlager, der Sichtungsveranstaltung, bei denen im weiblichen Bereich die 15-jährigen Talente, im männlichen Bereich die 14-jährigen Talente mit ihren Landeskadern ihre ersten Auftritte vor den Augen der Bundestrainer haben, führt einem vor Augen, welche große Ehre es für einen Sportler ist, sein Land repräsentieren zu dürfen und welches Privileg es ist, in einem Job zu arbeiten, der Beruf und Hobby vereint. Jemandem, der einen ähnlichen Karriereweg im Basketball einschlagen möchte würde ich raten, "am Ball zu bleiben" und sich auch durch Rückschläge nicht entmutigen zu lassen. Ich bin mir bewusst, dass die Jobs in der Branche rar gesät sind aber gerade mein Beispiel zeigt doch, dass es immer eine Möglichkeit gibt, auch von außen in die Branche einzusteigen. Als wertvolle Lektion würde ich daher mitgeben, dass man sich bemühen sollte, stets über den Tellerrand hinaus zu blicken und zu versuchen, auch abseits des vermeintlich vorgegebenen Berufswegs zu denken.